Die Initiative 27. Januar e.V. veranstaltete am 30. März 2017 zusammen mit MdB Frank Heinrich (CDU) ein Symposium im Deutschen Bundestag unter dem Titel „Wachsender Antisemitismus in Europa und die besondere Verantwortung Deutschlands“. Trotz im letzten Moment anberaumter und zeitgleich stattfindender Fraktionssitzungen im Anschluss an eine wichtige Sitzung des Koalitionsausschusses war neben MdB Frank Heinrich (CDU) auch Michaela Engelmeier (SPD) der Einladung gefolgt. Außerdem waren Vertreter einiger NGOs und der Presse vor Ort.

Die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, Katharina von Schnurbein, berichtete über die Zielsetzung der Kommission, dafür zu kämpfen, jüdisches Leben in Europa unter möglichst normalen Umständen zu ermöglichen. Als Errungenschaft in diesem Kampf sei hier eine Einigung mit globalen Playern der IT-Branche, Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft zu nennen, die sich dazu verpflichtet
hätten, Hassrede in ihren Netzwerken innerhalb von 24 Stunden zu löschen. In der Umsetzung von in 2008 vereinbarten EU-Richtlinien über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hingegen gäbe es noch großen Nachholbedarf bei den 27 Mitgliedsstaaten der EU, da noch kein einziger Staat die vereinbarten Ziele voll umgesetzt hätte.

Harald Eckert, erster Vorsitzender der Initiative 27. Januar, wies auf aktuelle Problematiken im Zusammenhang mit Antisemitismus hin. Er zitierte u. a. Bassam Tibi, einen gebürtigen Syrer, der in einem Interview in der Basler Zeitung auf den Antisemitismus unter den Flüchtlingen des Nahen und Mittleren Ostens hinwies: „Antisemitische Taten werden, wenn sie von Zuwanderern begangen werden, als politisch motivierte Ausländerkriminalität verbucht und tauchen in der Antisemitismusstatistik gar nicht auf.“ Als Leiter der zivilgesellschaftlichen Bewegung Initiative 27. Januar mahnte Harald Eckert, dass wir als Deutsche hier nicht wegschauen dürften, sondern diesem Phänomen entschlossen entgegentreten und -wirken müssten.

Als ein weiteres kritisches Thema führte er die Finanzierung palästinensischen Terrors durch aus deutschen und europäischen Steuergeldern stammende Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde an. Auch wenn die Zahlungen an die Hinterbliebenen von Terroristen und solche, die nach Attentaten im Gefängnis sitzen, nicht direkt von Deutschland oder der EU finanziert würden, ermöglichte  die entstandene Entlastung des Gesamtbudgets dennoch überhaupt erst die Zahlungen an Terroristen und ihre Familien. Harald Eckert bezeichnete dies als einen völlig unhaltbaren Zustand.

Im anschließenden Austausch wurde als besondere aktuelle Herausforderung im Kampf gegen Antisemitismus dann noch die Notwendigkeit einer fundierten und robusten Schulung über Antisemitismus und Antiisraelismus in Ausbildung und Bildung genannt, die sowohl für staatliche Institutionen und deren Beamte und Angestellte (Polizisten, Staatsanwälte, Richter, Lehrer) als auch auf der Basisebene im Bildungsbetrieb für Schüler und auch Kindergartenkinder zu erfolgen hätte. In Deutschland ist beides Ländersache, was einerseits Chancen, andererseits einen größeren Aufwand für die Umsetzung bedeute.

Doch es gab auch Positives zu berichten: Die Bundesrepublik Deutschland hatte während ihres Vorsitzes bei der OSZE versucht, eine im Mai letzten Jahres verabschiedete Arbeitsdefinition des Antisemitismus, die auch die zunehmende Tendenz der Israelisierung des Antisemitismus umfasst, in diesem internationalen Gremium zu etablieren. Nachdem man bereits 56 Staaten dafür gewonnen hatte, war man mit diesem edlen Unterfangen an nur einer Gegenstimme, der Russlands, gescheitert. Hier schien die gemeinhin geforderte und gebotene Vorbildrolle Deutschlands im Kampf gegen Antisemitismus einmal hervorzublitzen.

Ausblick

Der Bericht der Expertenkommission der Bundesregierung über Antisemitismus, der eine Woche später in den Bundestag eingebracht werden sollte, wurde auch noch kurz diskutiert. Als zentrale Forderung wird die Einrichtung der Position eines Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung erwartet, dem idealerweise nach französischem Vorbild Bundesministerien rechenschafts- und berichtspflichtig wären. Ein solcher Posten würde bestenfalls im Kanzleramt, ansonsten im Bundesministerium des Innern angesiedelt werden.

Inhaltlich war man sich in der konstruktiv und produktiv geführten Arbeitsbesprechung darüber einig, dass es im Kampf gegen den zunehmenden Antisemitismus einer engeren Zusammenarbeit und Verknüpfung zwischen Politik und zivilgesellschaftlichen NGOs, Bewegungen und Initiativen bedürfe.