von Josias Terschüren
April 2020

Josias Terschüren

 

Der Trump-Friedensplan

Eine Todeserklärung des Oslo-Prozesses als Chance für Frieden

Man hat ihn als „Deal des Jahrhunderts“ gepriesen: Den Friedensplan des US-Präsidenten Donald Trump. [1] Er stellt die Friedensbemühungen im Nahostkonflikt wieder zurück auf die Füße, nachdem sie jahrzehntelang kopfgestanden waren.

Man mag Trump kritisieren und sich über ihn echauffieren, aber die Prinzipien seines Friedensplans gründen überwiegend auf der nüchternen Anerkennung von Tatsachen, nicht so sehr auf Fiktion und überholten Dogmen: Nämlich:

Dass es schon seit der Gründung des Staates Israel in dessen Unabhängigkeitserklärung stets eine ausgestreckte Hand zum Frieden von jüdischer Seite gab. Und dass diese von den arabischen Nachbarn genauso stetig ausgeschlagen wurde. Die Palästinenser wollen bislang keinen eigenen Staat an der Seite Israels. Sie wollen ihn anstelle Israels. Diese Weigerungshaltung der arabisch-palästinensischen Seite, einen jüdischen Staat in gleich welchen Grenzen zu akzeptieren, hat als das eigentliche Kernproblem des Nahostkonfliktes zu gelten.

Trump sieht deshalb die palästinensische Seite in der Bringschuld für Frieden, nicht die israelische. Er fordert nicht mehr Israel dazu auf, seine Rechte, jüdische Siedlungen und die Sicherheit seiner Bürger zu opfern, sondern verlangt von den Palästinensern, Frieden mit dem jüdischen Staat Israel zu schließen, die Erziehung zum Hass und die Belohnung von Terror einzustellen. Sein Ansatz besteht nicht mehr in der Ab- sondern in der Anerkennung israelischer Rechte: an Jerusalem, an den Golanhöhen, dem Jordantal und am biblischen Kernland Judäa und Samaria, „dem Westjordanland“. Der neue Friedensplan setzt damit einen Kontrapunkt zum gescheiterten Ansatz, Frieden zulasten Israels zu machen.

Trump als Totengräber des Oslo-Prozesses

Der in den 90ern von den Europäern maßgeblich mitinitiierte Oslo-Prozess hat Israel nichts weiter gebracht als eine Welle von Terror, den Verlust diplomatischen Spielraums und die stetige Aushöhlung und Delegitimierung seiner Rechte an in 1967 eroberten Gebieten. UNSR-Resolution 2334 kann als Höhepunkt und Endprodukt des durch und durch gescheiterten Oslo-Prozesses betrachtet werden. Doch auch nach einer 25-jährigen Geschichte des Scheiterns hält man in vielen westlichen Hauptstädten noch immer an den liebgewonnenen Doktrinen des Oslo-Prozesses fest. In Washington hat man es gewagt, über die bisherigen internationalen Parameter des Nahost-Friedensprozesses auszusprechen, was alle schon wussten: dass der Kaiser keine Kleider anhat! Dass Oslo keinen Frieden gebracht hat und auch nicht bringen wird.

Dieses Diktum der US-Regierung bezieht sich aber nicht nur auf Oslo, sondern im Grunde auf die Gesamtheit internationaler Resolutionen seit 1967 und optiert deshalb dafür, das Corpus von UN-Resolutionen schlicht und ergreifendaußen vorzulassen und einen frischen Start zu wagen. Fazit: Wie auch schon im Fall der Anerkennung israelischer Souveränität über die Golan-Höhen argumentiert die US-Administration auf der Grundlage der 1967 erlassenen UNSR-Resolution 242, legt diese aber gänzlich anders aus, als bislang Usus.

Heilung der Achillesferse – Palästinensischer Nihilismus kostet ab jetzt einen Preis

Die Achillesferse bisheriger Friedensbemühungen bestand darin, dass die palästinensische Politik des Neins durch eine naiv-tolerante oder gar verkappt-israelfeindliche Haltung westlicher Mächte als „Gegebenheit des Nahostkonfliktes“ akzeptiert und dadurch stillschweigend honoriert wurde. Trump bricht mit dieser fatalen Tradition und verlangt den Palästinensern erstmalig einen Preis für ihre destruktive, nihilistische Haltung ab.

Er mutet ihnen zu, die Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen zu übernehmen und ist entschlossen, sie mit den Konsequenzen ihres Handelns leben zu lassen. Ihr kontinuierliches und völlig kompromissloses Festhalten an Maximalforderungen, die weder der historischen Realität noch den politischen Machtverhältnissen entsprechen, kommt damit an ein natürliches Ende. Das betrifft das Rückkehrrecht aller „Flüchtlinge“ genauso, wie die Forderung nach Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Die Ablehnung weitgreifender Teilungs- und Kompromissvorschläge hat einen Preis, muss einen Preis haben.

Trumps Friedensplan verläuft in mindestens zwei Phasen: In der jetzt veröffentlichten ersten Phase von vier Jahren sollen die Palästinenser endgültig entscheiden und anhand konkreter Handlungen belegen, wie sie zu dem jüdischen Staat stehen. Danach startet gegen Ende der nächsten US-Legislaturperiode die noch nicht veröffentlichte Phase zwei, basierend auf der Entscheidung der Palästinenser und ihrer Führung. In Anbetracht der absoluten Weigerungshaltung der Palästinenser hat die bisherige Kopplung der Lösung des Friedensprozesses an deren Zustimmung ihnen eine de facto Vetomacht und damit beinahe absolute Kontrollmöglichkeiten im Friedensprozess eingeräumt. Trump will den Nahostfriedensprozess aus der diplomatischen Geiselhaft palästinensischer Mutwilligkeit befreien.

Inhaltliche Fundamentalopposition Deutschlands, Europa gespalten

Die Bundesregierung tut sich schwer im Umgang mit dem Vorstoß der Amerikaner. Außenminister Maas begrüßte zunächst den Impuls, den Nahost-Friedensprozess wieder in Gang bringen zu wollen. Doch die von ihm vorgebrachte EU-Position, dass „nur eine für beide Seiten akzeptable, verhandelte Zweistaatenlösung“ zu einem dauerhaften Frieden führen könne, gestand den Palästinensern weiterhin das de facto Vetorecht über den Friedensprozess zu. Und das trotz deren Position der absoluten Verweigerung („1000 Mal nein“). Der Umstand, dass die EU ihre Beziehungen zu Israel vom Status Quo des Friedensprozesses abhängig macht, kommt erschwerend hinzu. Dadurch liegen Wohl und Wehe der EU-Israelbeziehungen, die mittelbar auch Deutschland betreffen, wie bislang weiter ausgerechnet in palästinensischen Händen. Dabei haben diese noch jedes Friedensangebot abgelehnt. Dafür gibt es seitens der EU nicht nur keine negativen Konsequenzen, sondern aus palästinensischer Perspektive sogar positive, denn die EU-Israelbeziehungen werden in Mitleidenschaft gezogen oder gar herabgestuft, weil ja der Friedensprozess angeblich ins Stocken geraten ist. Genau hier setzt der US-Friedensplan an und will diese Dynamik palästinensischer Friedensresistenz brechen.

Die Bundesregierung hingegen hält an diesem infamen Mechanismus weiterhin fest, in Übereinstimmung mit der EU-Linie. Doch von einer diesbezüglichen Einigkeit innerhalb der EU kann keine Rede sein [2] ; sechs Nationen weigerten sich, eine gemeinsame Erklärung mitzutragen, die den Trump-Plan kritisiert hätte. Schließlich veröffentlichte der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, den letzten Entwurf der Erklärung als persönliche Stellungnahme selbst. Dabei erntete besonders seine Aussage, dass israelische Schritte in Richtung Annexion „nicht ohne Widerspruch“ [3] hingenommen würden, harsche Kritik, aus Europa [4] und Israel. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Lior Haiat, bezeichnete Borrells Wortwahl als „bedrohlich“ und so kurz nach dessen Besuch in Teheran als „sonderbar“. Solche Positionen und Haltungen seien bestens dazu geeignet sicherzustellen, dass die Rolle der EU in Prozessen jeglicher Art minimiert werde. [5] 

Doch Borrell setzte noch einen drauf: Knapp einen Monat nach den „1000 Neins der Palästinenser“ begrüßt er in Gegenwart des palästinensischen Außenministers Dr. Riyad Al Malki in Brüssel dessen offensichtlich völlig an den Haaren herbeigezogene Zusage, an der Wiederaufnahme substantieller Friedensverhandlungen mitwirken zu wollen. [6] Die willentliche Blindheit der europäischen Elite angesichts des palästinensischen Rejektionismus entbehrt nicht einer gewissen Tragikomik.

Es ist an der Zeit, Neues zu wagen

Der von europäischer Seite gegenüber Israel oft geforderte Mut, Frieden zu schließen, auch wenn es gegen eigene Überzeugungen und Interessen geht, scheint den Europäern selbst völlig abzugehen. Europäische Flexibilität im Streben nach Friedenslösungen im Nahen Osten: Fehlanzeige! Warum aber müssen wir Europäer Recht behalten? Was macht uns so sicher, dass wir besser wissen als andere, seien es Amerikaner oder Israelis, was es zum Frieden braucht?

Im weiteren Verlauf der Entwicklungen argumentierte die Bundesregierung entsprechend der EU-Linie [7] , dass der Friedensplan von internationalen Parametern abweichen würde. Dabei ist doch gerade dieser Umstand die einzige Chance für eine anerkanntermaßen völlig festgefahrene Situation. Es braucht dringend neue Ideen und Ansätze!

Berlin bildet mit seinen (west-)europäischen Partnern ein Bollwerk gegen jeglichen Impuls unseres transatlantischen Verbündeten. Und das zulasten Israels und zugunsten einer demokratisch nicht legitimierten, korrupten und friedensresistenten palästinensischen Führung. Europa hat den zeitigen Appell des US-Diplomaten und Nahost-Experten Dennis Ross von 2015 leider noch immer nicht beherzigt: „Hört auf, den Palästinensern alles durchgehen zu lassen.“ [8] Auch wenn man sicher nicht alles gutheißen muss, was Trump tut, macht er es in diesem Fall richtig vor, sät nicht länger unter die Dornen, sondern pflügt ein Neues: Der Friedensprozess ist tot, lang lebe der Friedensprozess!

Quellen: 

[1] https://www.whitehouse.gov/peacetoprosperity/

[2] https://www.israelnetz.com/politik-wirtschaft/politik/2020/02/05/eu-ohne-klare-linie-zu-trumps-nahost-plan/

[3] Der offizielle englische Wortlaut “could not pass unchallenged” ist sehr konfrontativ.

[4] https://www.jpost.com/israel-news/hungary-blocks-harsh-eu-action-against-israel-616640

[5] https://twitter.com/LiorHaiat/status/1224702018880753664?s=20

https://twitter.com/LiorHaiat/status/1224702020659052546?s=20

[6] https://eeas.europa.eu/diplomatic-network/middle-east-peace-process/74978/high-representativevice-president-borrell-meets-palestinian-minister-foreign-affairs-and_en

[7] https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage_en/73960/MEPP:%20Statement%20by%20the%20High%20Representative/Vice-President%20Josep%20Borrell%20on%20the%20US%20initiative

[8] https://www.nytimes.com/2015/01/05/opinion/stop-giving-palestinians-a-pass.html