Grußwort

Liebe Freunde,

wir freuen uns in diesem Newsletter unsere Partner und auch unsere inhaltliche Arbeit hervorheben zu dürfen. Es war für uns eine sehr große Ehre, Überlebende des Vereins „Phönix aus der Asche e.V.“ auf ihrer vermutlich letzten Auslandsreise nach Transnistrien begleiten zu dürfen. An der frühen Vernichtungsphase der Schoah 1940-1942, die von Massenerschießungen und Pogromen geprägt war, wird die europäische Dimension des Genozids besonders deutlich. Lassen Sie uns weiter gemeinsam an gesellschaftlichen Antworten gegen das Vergessen, gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben arbeiten!

Ihre Marina und Daniel Müller

Leitung Zeugen der Zeitzeugen , Initiative 27. Januar e.V.

Auszeichnung unserer Arbeit in der Magdeburger Staatskanzlei

von David Lüllemann, Bereichsleiter Bildung gegen Antisemitismus

Am Mittwoch, den 20. März 2019 konnte ich stellvertretend für unser Projekt einen Preis des „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ (BfDT) im ehrwürdigen Palais am Fürstenwall in Magdeburg entgegennehmen und dabei auch kurz unseren Ansatz vorstellen. Der Laudator für unser Projekt, Dr. Marian Wendt MdB (CDU), hob hervor, wie wichtig unsere Arbeit vor dem Hintergrund sei, dass das Fundament der Bundesrepublik im Grundgesetz auf der historischen Verantwortung aufbaue, das wir der jungen Generation vorbildlich vermittelten. Als Gastgeber der Preisverleihung betonte der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, wie wichtig persönliche Beziehungen an der Basis für jedes zivilgesellschaftliche Projekt seien. Mit unserem Ansatz der Bildungsbegegnung, künftig also beispielsweise der Begegnung von Nachfahren der Schoah-Überlebenden mit Schülern, erfüllen wir dies sicher auf eine besondere Art und Weise. 

Das Preisgeld in Höhe von 2.000 EUR werden wir für Multiplikatoren-Schulungen und andere Bildungsprojekte einsetzen. Wir danken dem BfDT für die Unterstützung.

v.l.n.r. MP Dr. Reiner Haseloff, David Lüllemann, Dr. Marian Wendt MdB

v.l.n.r. MP Dr. Reiner Haseloff, David Lüllemann, Dr. Marian Wendt MdB

David Lüllemann stellt das Zeugen der Zeitzeugen in einem Gespräch mit der Moderatorin, Wiebke Klausnitzer, vor.

David Lüllemann stellt das Zeugen der Zeitzeugen in einem Gespräch mit der Moderatorin, Wiebke Klausnitzer, vor.

Spendenaufruf

Unsere Bildungsreise für das ZdZ-Team und interessierte Bildungsmultiplikatoren startet am 01. März 2020 mit einem ehrenamtlichen Leitungsteam. Um den für eine Israelreise günstigen Preis halten und den ehrenamtlichen Reiseleitungsteam die Unkosten in Höhe von 7.000 EUR erstatten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Wir freuen uns auf Ihre Spende unter dem Stichwort „Bildungsreise“. Link zum Flyer als .pdf: https://www.zeugen-der-zeitzeugen.de/images/icagenda/frontend/attachments/2019-reiseflyer-de.pdf 

Transnistrien-Reise: Gemeinsam Gedenken und Handeln

von Daniel Müller, Leiter Zeugen der Zeitzeugen 

Über 50.000 Tote. Getötet durch Massenerschießungen ohne Beteiligung deutscher Einheiten. So etwas gab es? In dem kleinen Dorf Bogdanovka gedenken heute SchülerInnen und Lehrkräfte an den grauenhaften Mord durch rumänische Truppen, die im Zweiten Weltkrieg Transnistrien kontrollierten – eine Belohnung von Hitler, weil sie seinen Feldzug gegen die Sowjet-Union unterstützten. Insgesamt werden die jüdischen Opfer in der Ukraine auf 1,8 Millionen geschätzt. Die meisten starben durch sogenannte „Aktionen“ der deutschen SS und des SD.

Gedenken mit ukrainischen Schülern und Schoah-Überlebenden in Bogdanovka

Solche und ähnliche Fakten erfuhren wir gemeinsam mit sechs Schoah-Überlebenden vom 14. bis 25. Mai 2019 hautnah. An Gedenkstätten auf dem Land, wie Bogdanovka oder Dubossary. Oder auch in Odessa, einer sehr jungen europäischen Stadt, die Katharina die Große erst Ende des 18. Jahrhunderts erbauen ließ.

Marleen (ZdZ-Ehrenamtliche) und Chaim (Überlebender Ghetto Rybniza Phönix aus der Asche) unsere Operngänger in Odessa

Der rote Faden unserer Reise war die Schoah in Transnistrien und damit auch die Biographien unserer Begleiter. Transnistrien war das rumänische Herrschaftsgebiet der besetzten Ukraine zwischen Dnjester und Bug von 1941 bis 1944, mit der Hauptstadt Odessa. Dieses Territorium umfasst heute Teile der Ukraine, Teile Moldawiens, sowie der abtrünnigen Republik Transnistrien. Auf der Reise von Odessa über Kischinau nach Tiraspol, konnten wir also sowohl die Geschichte der jüdischen Bevölkerung nachverfolgen, als auch den aktuellen Konflikt zwischen EU-freundlichen Ländern und Russlandnahen Regionen erleben.

Nicht nur die Geschichte nahm uns sehr mit, sondern auch die persönlichen Geschichten. Chaim aus Berlin beispielsweise erfuhr erst in der Uni von seinem Vater (seine Mutter hätte es wohl für immer verschwiegen), dass er als Baby und Kleinkind im Ghetto von Rybniza verbrachte.  Aus Angst vor Folgen in der Sowjet-Union hatten sie es verschwiegen, da es nachteilig war auf faschistisch-besetztem Gebiet gelebt zu haben – selbst für KZ-Insassen und Ghetto-Bewohner. Durch diese jahrzehntelange Unterdrückung leiden das Gedenken und die Sensibilität für jüdisches Leben bis heute.

Was bleibt von der Bildungsreise? Zahlreiche kostbare Begegnungen und die Erkenntnis, dass echter Fortschritt für die Region erst durch konsequente Aufarbeitung gelingen kann. Mit Blick auf die Geschichte gibt es eine klare deutsche und europäische Verantwortung hier zu unterstützen. Einerseits für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus in der Region. Andererseits auch für die lokale Bevölkerung.

ZdZ Team in Odessa, Ukraine

Bei einer Führung einer kleinen Synagoge in Kischinau, Moldawien

Gruppenbild vor besagter Synagoge in Kischinau, Moldawien

Besuch der Gedenkstätte am Ort der historischen Massengräbern von Dubossary, Transnistrien

Qualitative Studie: Antisemitismus unter Flüchtlingen

von David Lüllemann, Bereichsleiter Bildung gegen Antisemitismus

Dass viele, der in den vergangenen Jahren aus mehrheitlich islamischen Ländern zu uns geflüchteten Menschen in ihrer Heimat judenfeindlicher – und noch stärker israelfeindlicher – Propaganda ausgesetzt waren, ist seit der kleinen Antisemitismus-Debatte Anfang des vergangenen Jahres den meisten bekannt. Doch Art und Umfang sind bislang nur unzureichend erforscht worden – von einer Studie aus dem Jahr 2017 abgesehen. 

Mit Ehrenamtlichen aus unserem Projekt haben wir in den Jahren 2017 bis 2018 einige Flüchtlinge zu ihren Einstellungen gegenüber Juden und Israel befragt. Wenig überraschend war, dass tatsächlich einige Flüchtlinge, insbesondere Muslime, starke antisemitische Weltbilder aufwiesen. Darunter Verschwörungstheorien zur Schoah und eine heftige, auf falschen Fakten basierende Ablehnung von Israel als Staat. 

Besonders interessant ist, dass Flüchtlinge, die in ihrer Heimat selbst Angehörige religiöser oder ethnischer Minderheiten waren, so etwa Kurden oder Christen, weniger zu antisemitischen Einstellungen neigen. Ebenfalls trifft das auf diejenigen zu, die nach ihrer Ankunft in Deutschland aus Überzeugung zum Christentum konvertierten, wobei diese teilweise keinerlei Unterschied zwischen den Israeliten des Alten Testaments und heutigen Israelis oder Juden machten. Überrascht hat, dass viele Flüchtlinge selbst einräumten, in ihrer Heimat Propaganda ausgesetzt gewesen zu sein und vielfach keine vertrauenswürdigen Informationen über Juden, die Schoah und Israel zu haben. Einige würden gerne mehr darüber erfahren – aktuell ist dies in den meisten der sogenannten Integrationskurse aber kaum ein Thema. Dem Abhilfe zu schaffen, sollte aber vergleichsweise einfach und im Interesse der gesamten Gesellschaft sein.

David Lüllemann

David Lüllemann

Vorstellung: Am Mittwoch, den 27. März konnte David Lüllemann unsere Ergebnisse auf einer internationalen Konferenz zu den aktuellen Herausforderungen des Antisemitismus an der Indiana University in Bloomington (USA) vorstellen. Der Vortragstext, eine längere Analyse unserer Interviews in englischer Sprache, findet sich auf der Homepage, Punkt d): https://zeugen-der-zeitzeugen.de/de/zukunft-gestalten/bildung-2/antisemitismus

Warum ich mich bei ZdZ engagiere

von Hannes Müller, Team Prag

Hannes Müller

Hannes Müller

Völkerverständigung ist ein wichtiges Thema und als Deutscher liegt mir besonders die deutsch-israelische Freundschaft auf dem Herzen. Das generationenübergreifende Zusammenbringen verschiedener Menschen, Beschäftigung mit der Vergangenheit sowie gemeinsame Prägung der Zukunft sind Ziele die ich gerne unterstützen möchte.

 

 

Redaktionsteam: David Lüllemann, Hannes Müller, Marina & Daniel Müller

Fotos: ZdZ