Berlin, 1.12.2015

Wieder einmal Richtlinien – mit der Entscheidung der EU-Kommission vom 11.11.2015, eine Kennzeichnungspflicht für israelische Waren aus den umstrittenen Gebieten (Golanhöhen, Ostjerusalem, sowie Judäa und Samaria) einzuführen, versucht die EU nach 2013 zum wiederholten Male ernste politische und diplomatische Schritte mit technokratischem Kleinklein zu kaschieren und deren Schwere und Bedeutung herunterzuspielen, mit dem Ziel Kritikern schon im Ansatz den Wind aus den Segeln zu nehmen. So wurde u.a. die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nicht müde von einer Maßnahme zum Verbraucherschutz und der Umsetzung bestehender EU-Gesetz e zu sprechen, während sich der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis entsprechend der Vorgabe des Europäischen Auswärtigen Dienstes so äußerte, dass es sich bei dem Schritt ausschließlich um „eine technische Frage, nicht eine politische Position“ [i] handele.

Professor Eugene Kontorovich widerlegte in seinem Zeugnis vor dem US-Kongress vor einiger Zeit beide oft geäußerten Standpunkte.[ii] Demnach handelte es sich um einen politischen Schritt zu dessen Verteidigung das Argument des Verbraucherschutzes  vorgeschoben wird, das nebenbei bemerkt bereits im Februar 2014 vom Obersten Gerichtshof Großbritanniens disqualifiziert worden ist.

Aufgrund dieser Sachlage sahen sich führende Politiker quer durch die Parteienlandschaft in Israel dazu veranlasst drastische Vergleiche und Kommentare gegen den Schritt ins Feld zu führen, Ministerpräsident Netanyahu sagte der EU beispielsweise, sie solle sich schämen.

Mit ihrer Vorgehensweise versucht die EU schrittweise Fakten zu schaffen – kleine Details nach und nach so zu verändern, dass sie schließlich ein Gesamtbild und einen Standard ergeben, die dann unumstößlich werden. Für die israelische Wirtschaft ist der Schaden bewusst klein gehalten, wahrscheinlich werden die palästinensischen Angestellten in Betrieben in Judäa und Samaria mehr darunter leiden, als die Israelis, aber diplomatisch und politisch findet eine ganz klare Weichenstellung zu Ungunsten Israels statt!

Vor diesem Hintergrund wirken auch die Beteuerungen, es handele sich nicht um einen Boykott, leer, zumal zum Einen schon jetzt konkrete Boykottaktionen wie die des KaDeWes in Berlin die Folge waren und zum Anderen die Worte des litauischen Außenministers Linus Linkevicius vom Mai 2013 noch in den Ohren gellen, dass die Kennzeichnungspolitik lediglich ein vorbereitender Schritt auf dem Pfad in Richtung des ultimativen Ziels der EU sei: Einem kompletten wirtschaftlichen Boykott Israels.

Der EU-Ambition im Nahen Osten und besonders im Arabisch-Israelischen Konflikt nicht nur Payer, sondern auch Player zu sein, schadet dieser Schritt nachweislich: Benjamin Netanyahu, Ministerpräsident und Außenminister Israels in Personalunion, wies das Außenministerium Ende November dazu an, jeglichen diplomatischen Kontakt mit der EU in den Friedensprozess betreffenden Fragen einzustellen. Nach der Einberufung des Botschafters, die ebenfalls erfolgte, ist dieser Schritt vor dem Abzug eigener Diplomaten die vorletzte Stufe diplomatischer Eskalation im Instrumentarium einer Regierung! Auf bilateraler Ebene, d.h. zwischen Israel und einzelnen EU-Mitgliedsländern hingegen bleiben die Kanäle offen.

Die Richtlinie als europäisches Mittel der Wahl in diesem Fall, verpflichtet sämtliche 28 Mitgliedsländer der EU dazu die Maßnahme einzuführen und umzusetzen, allerdings liegen das Maß der Umsetzung und die Überwachung der Einhaltung in dem Ermessen der Mitgliedsstaaten und nicht der EU, wodurch sich durchaus Spielräume ergeben. Die Vorgaben aus Brüssel können lascher oder strikter umgesetzt werden, Ersteres ist wohl von Deutschland zu erwarten, während einige skandinavische Nationen wahrscheinlich zu Letzterem neigen werden, Ungarn hat bereits bekanntgegeben der Richtlinie nicht folgen zu wollen.

Staatssekretärin Emily Haber in 2013[iii] und Bundeskanzlerin Angela Merkel in 2014[iv] machten jedoch keinen Hehl daraus, dass Deutschland die Maßnahme der Kennzeichnung durchaus unterstützt und befürwortet. Aktuell ist noch keine öffentliche Stellungnahme des Auswärtigen Amtes oder der Kanzlerin in der Sache bekannt. Während Deutschland zumindest offiziell nicht zu dem Kreis der 16 europäischen Nationen gehörte, die die Maßnahme in einem Brief an Federica Mogherini einforderten, so muss doch dennoch davon ausgegangen werden, dass zumindest ein stilles Einverständnis der Kanzlerin und ihrer Regierung in der Causa vorlagen.

Mogherini ließ verlauten, dass die EU-Außenminister über das Thema im Dezember nochmals beratschlagen werden[v], es bleibt abzuwarten, ob die EU in der Sache vorfühlen wollte und langsam wieder zurückrudert, oder ob dieser Schritt eine bleibende Realität im ohnehin schon wirren politischen Kontext des Friedensprozesses werden wird.

[i] http://www.politico.eu/article/israel-halts-eu-role-peace-talks-labels-row-european-commission/

[ii] https://oversight.house.gov/wp-content/uploads/2015/07/7-28-2015-Natl-Security-Hearing-on-BDS-Kontorovich-Northwestern-Testimony.pdf

[iii] http://m.jpost.com/Diplomacy-and-Politics/Germany-backs-labels-for-goods-from-settlements-315203#article=0MjhCNTExQzBBMUU1NkI0OUZBN0VCMzNENzg2NDVBN0Y=

[iv] http://www.jpost.com/Diplomacy-and-Politics/Merkel-Boycott-not-an-option-settlement-labeling-acceptable-343489

[v] http://ejpress.org/index.php?option=com_content&view=article&id=54591&catid=6

Richtlinie zur EU-Kennzeichnungspflicht israelischer Waren

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