Gemeinsames Gedenken von Alt und Jung sowie Deutschen und Israelis
Schulterschluss im Gedenken
Mit „Phönix aus der Asche: Die Überlebenden der Hölle des Holocaust e.V.“ (PadA) und „Child Survivors Deutschland e.V.“ (CSD, im Deutschen: „Überlebende Kinder der Shoah“) konnte die Aktion Würde und Versöhnung (AWV) in diesem Jahr zwei besonders geschätzte Kooperationspartner für die jährliche Gedenkveranstaltung der Initiative 27. Januar e.V. anlässlich des deutschen und europäischen Holocaustgedenktages in Berlin gewinnen. Für die AWV war es eine besondere Ehre und Freude, das Gedenken anlässlich des 27. Januars – des Tages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und der zwei weiteren Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee im Jahr 1945 – in diesem Jahr im engen Schulterschluss mit zwei Verbänden von Holocaustüberlebenden in Deutschland begehen zu können.
Die Berliner Gedenkveranstaltung, die am 30. Januar 2018 in der Synagoge Oranienburger Straße im Herzen der deutschen Hauptstadt stattfand, wurde von der Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese (SPD) sowie der Pressesprecherin der israelischen Botschaft in Deutschland, Adi Farjon, als Grußwortrednerinnen unterstützt. Hauptredner war Moshe Harel, der im Jahr 1940 als Kind jüdischer Eltern in Warschau geboren wurde, seinen Vater im Holocaust verlor und zusammen mit seiner Mutter die Gefangenschaft im KZ Bergen-Belsen überlebte. Als 5-Jähriger machte er Alijah, wurde später Flugzeugentwickler für die israelische Luftwaffe, Kampfpilot, CEO einer Firma für Flugzeug-Ersatzteile, Berater für künstliche Intelligenz und Spitzentechnologie und Gründer eines Investment-Fonds für israelische Hi-Tech- und Start-Up Unternehmen. Die Gedenkveranstaltung stand in diesem Jahr unter dem Motto „Aus der Asche zu neuem Leben – das jüdische Volk erhält endlich seinen Staat“. Im Jahr des 70. Geburtstags des Staates Israel wurde damit dessen besondere Bedeutung für die Überlebenden der Shoah in den Mittelpunkt gestellt.
Als Vertreter der Holocaustüberlebenden-Verbände waren Dr. rer. nat. Philipp Sonntag, CSD-Vorstand, und Dr. Alexej Heistver, PadA-Präsident, zu der Berliner Gedenkveranstaltung angemeldet. Dr. Sonntag stellte am Informationstisch am Rande der Veranstaltung die beiden Buchreihen der Child Survivors Deutschland vor – zum einen die Reihe „Bittere Vergangenheit! – Bessere Zukunft?“ im Verlag Hentrich und Hentrich, zum anderen die neue Reihe „Die Unruhe der Zeitzeugen des Holocaust“ im Beggerow Verlag. Weitere Informationen zu beiden Buchreihen erhalten Sie weiter unten in diesem AWV-Newsletter. Der Verein „Phönix aus der Asche: Die Überlebenden der Hölle des Holocaust e.V.“ – Deutschlands Bundesassoziation der Opfer des Holocaust, die jüdische Immigranten aus dem ehemals sowjetischen Raum sind – wurde von der Leiterin seiner Berliner Sektion, Assia Gorban, vertreten. Sie nahm mit einer Gruppe von weiteren in Berlin lebenden Holocaustüberlebenden, namentlich Michael Tiefbenkel, Boris Bin, Polina Bin, Efim Tschalik, Boris Schwarz und Pjötr Genetman, an der Veranstaltung teil. Die zahlreich anwesenden Holocaustüberlebenden stellten eine besondere Ehrung für die Veranstaltung dar.
Lohnenswerte Lektüre – neue Buchveröffentlichungen von Holocaustüberlebenden
„VERWUNDETE KINDHEIT – Holocaust-Überlebende aus der Sowjetunion in Deutschland“
Der Mensch und der Krieg. Der Krieg und das Kind. Da stellen sich allgemeine weltanschauliche Fragen an der Weggabel von Philosophie und Theologie. Im neuen Buch „Verwundete Kindheit – Holocaust-Überlebende aus der Sowjetunion in Deutschland“ von „Phönix aus der Asche: Die Überlebenden der Hölle des Holocaust e.V.“ (PadA) wird die Frage ganz konkret gestellt: Wie konnte ein Kind den Krieg in dem von den Nazis besetzten Gebiet überleben, wenn es ein jüdisches Kind war? Für 1,5 Millionen jüdische Kinder, die für die Nazis und ihre Helfershelfer geradezu Jagdtiere geworden waren, war die Antwort eindeutig negativ. Sie wurden kaltblütig ermordet. Jedes vierte Opfer des Holocausts war ein Kind.
„Phönix aus der Asche e.V.“ (siehe Informationsangebot im Internet unter www.holocaustonline.de) vereinigt mehr als 400 Holocaust-Überlebende – Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion. Im Jahr 2015 hat dieser Verein das Buch „Wer überlebt, der erzählt“ herausgegeben. Es stellt in gewisser Weise eine Vorstufe zum aktuellen Buch dar, indem es Erinnerungen von Juden aufzeichnete, die in den Jahren 1941–1944 auf den von Truppen des national-sozialistischen Deutschland besetzten sowjetischen Gebieten überlebt hatten. Die Überlebenden erzählten, wie es war und was es war. Einerseits war ihr Überleben ein echtes Wunder. Aber andererseits – so schreibt es Professor Wladimir Solonari, ein Historiker aus den USA – gab es eine Kunst des Überlebens. Eine besonders wichtige Rolle für das Überleben spielten die Retter, egal ob sie Russen oder Litauer, Ukrainer oder sogar Deutsche in Uniform waren. Die Geretteten erinnern an sie mit tiefem und herzlichem Dank. Das Buch „Wer überlebt, der erzählt“ wurde in Deutschland und im Ausland präsentiert. In verschiedenen Auditorien wurde das Buch – insbesondere von Jugendlichen – mit lebendigem Interesse aufgenommen.
Im neuen Buch „Verwundete Kindheit“ stellt „Phönix aus der Asche e.V.“ neben neuen historischen Artikeln und einer erweiterten Reihe von Erinnerungen der Holocaust-Überlebenden auch Beiträge der deutschen Freunde der Arbeit der Bundesassoziation vor. Dr. Alexej Heistver, der Präsident von „Phönix aus der Asche e.V.“, erinnert im Zusammenhang mit der neuen Publikation an die wichtigen Worte von Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, der einmal betont hat: „In Deutschland hat sich über die Jahrzehnte eine beeindruckende Erinnerungskultur herausgebildet. … Eine ganz wichtige Voraussetzung dafür – und das liegt mir wirklich am Herzen – ist ein profundes Wissen über den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Shoa.“ („Zukunft“, 31.01.2018, S. 1). Dass das neue Buch „Verwundete Kindheit“ genau dazu beiträgt, fachlich ebenso wie emotional, ist das Anliegen und der Wunsch von „Phönix aus der Asche e.V.“. Der Verein bedankt sich für die Spenden seiner deutschen Freunde, durch die die Herausgabe des Vorgängerbuches ermöglicht wurde, und hofft auf ebenso herzliche Unterstützung für das neue Buch auf Basis eines tiefen Mitgefühls mit dem Schicksal der Holocaust-Überlebenden. Das neue Buch ist in Kürze verfügbar und als Teil der unten genannten neuen Buchreihe von „Child Survivors Deutschland e.V.“ zu beziehen.
Buchreihen von „Child Survivors Deutschland e.V.“
Der Verein „Child Survivors Deutschland e.V.“ startet im Frühjahr 2018 eine neue Buchreihe im Beggerow Verlag unter dem Titel „Die Unruhe der Zeitzeugen des Holocaust“. Geplant sind aktuell drei Bände:
- Band 1: „Child Survivors als Zeitzeugen für damals bis jetzt“, geplante Veröffentlichung im Februar 2018
- Band 2: Karin Weimann: „Child Survivors zu Gast am Gedenktag 27. Januar. Erinnern und VerANTWORTung in der Ruth-Cohn-Schule“, geplante Veröffentlichung im Februar 2018
- Band 3: Alexej Heistver (Hrsg.): „Verwundete Kindheit – Holocaust-Überlebende aus der Sowjetunion in Deutschland“, geplantes Veröffentlichungsdatum: April 2018, ausführliche Beschreibung siehe oben
„Die Unruhe der Zeitzeugen des Holocaust“ ist bereits die zweite Buchreihe des deutschen Vereins „Child Survivors Deutschland e.V.“ (siehe Informationsangebot im Internet unter www.child-survivors-deutschland.de). CSD wurde im April 2001 als Verein von Betroffenen für Betroffene und als Zusammenschluss von Menschen, die als Kinder in der NS-Zeit wegen ihres Judentums beziehungsweise ihrer jüdischen Wurzeln verfolgt worden waren, gegründet. Einige Mitglieder von CSD sind Juden im Sinne der Halacha, einige sind Christen, andere sind erst durch die Verwicklungen des Holocaust zu den Child Survivors gestoßen. Kinder von Emigranten, versteckte Kinder, die bei Freunden oder Fremden überlebten, im Kloster aufwuchsen, adoptiert wurden oder mit fremder Identität erwachsen wurden, zählen ebenso zu den Mitgliedern wie Kinder, die oft in letzter Minute – getrennt von ihren Eltern – durch Kindertransporte überhastet ins Ausland gerettet wurden und eben jene Kinder, die als Sklaven Zwangsarbeit leisten mussten oder geschunden die Todeslager überlebten.
Die erste Buchreihe von „Child Survivors Deutschland e.V.“ trägt den Titel „Bittere Vergangenheit! – Bessere Zukunft?“. Sie wird von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ und dem Zentralrat der Juden in Deutschland gefördert und erscheint seit 2017 im Verlag Hentrich und Hentrich. Folgende Bände, herausgegeben von Dr. rer. nat. Philipp Sonntag, zählen dazu:
- Band 1: (einführend), Philipp Sonntag: „Wir Überlebende des Nazi-Terrors in Aktion“, erschienen im April 2017
- Band 2: Liesel Binzer: „Ich prägte mein Leben in / wegen / trotz Theresienstadt“, erschienen im April 2017
- Band 3: Philipp Sonntag (Hrsg.): „Charakter, Zorn und Widerstand – Child Survivors aus Expertensicht“, erschienen im November 2017
- Band 4 mit Alexej Heistver (Hg.): „Unbekannter Holocaust im Osten Europas“, geplante Veröffentlichung im Frühjahr 2018
Die jüngste Publikation in dieser Reihe ist das Buch „Charakter, Zorn und Widerstand – Child Survivors aus Expertensicht“, das im November 2017 erschienen ist. Darin setzt sich der Herausgeber Dr. rer. nat. Philipp Sonntag mit der Frage auseinander, ob Child Survivors besonders sensibel oder gar übersensibel, eigensinnig, kämpferisch oder resignierend im Vergleich zu anderen Vertretern ihrer Generation sind. Er geht auch der Frage nach, inwiefern sich Child Survivors gesellschaftlich und persönlich in ihrem Umfeld engagieren und wie sie gegebenenfalls dabei unterstützt werden können. Dieser dritte Band der Buchreihe „Bittere Vergangenheit! – Bessere Zukunft?“ handelt von den Erfahrungen im Umgang mit Child Survivors. Experten im weitesten Sinne – Wissenschaftler, Sozialbetreuer, Aktivisten, Familienangehörige der sogenannten zweiten und dritten Generation (Kinder und Enkelkinder), Multiplikatoren, Literaten, Historiker, Politiker sowie einige Child Survivors selbst – gehen diesen Fragen in dem lesenswerten Buch nach.
Kooperationen mit Holocaustüberlebenden-Verbänden – Ausdruck der Netzwerkarbeit der Aktion Würde und Versöhnung
Die in diesem Newsletter in aller gegebenen Kürze skizzierten Kooperationen mit Holocaustüberlebenden-Verbänden in Deutschland sind Ausdruck einer zunehmend stärker werdenden Netzwerkarbeit der Aktion Würde und Versöhnung im Bundesgebiet. Ziel und Stoßrichtung dieser Netzwerkarbeit sind die beiden Arbeitsbereiche „Bewusstseinsbildung“ und „Politische Anwaltschaftsarbeit“. Wir freuen uns sehr über eine zunehmend tragfähige und dynamische Zusammenarbeit mit einer Reihe von kompetenten und gut vernetzten Partnern im Inland. Für die AWV ist dies eine logische Fortführung der weiterhin laufenden sozial-karitativen Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen in Israel.
Ein Wort zum Schluss
Wie immer freuen wir uns über Ihr Feedback und Ihre weiteren Verbesserungsvorschläge! Lassen Sie uns gerne wissen, wie wir Sie als Unterstützer unserer Arbeit noch besser, umfangreicher und zeitnäher mit allen erforderlichen Informationen, Zahlen, Daten und Fakten zu unserer Arbeit versorgen können. Unser Ziel ist es, Sie durch Informationsangebote, wie unsere Website und diesen Newsletter, in die Lage zu versetzen, eigenständige Botschafter für das Anliegen der Aktion Würde und Versöhnung zu werden.
Vielen Dank und herzliche Grüße
Matthias Böhning
Koordinator Aktion Würde und Versöhnung