Bei der Gedenkveranstaltung anlässlich der Ermordung von elf Israelis der Olympiamannschaft 1972 standen am 5. September 2022 die Bitten um Entschuldigung (Bayerischer Ministerpräsident Dr. Söder) und Vergebung (Bundespräsident Dr. Steinmeier) im Mittelpunkt. Die „Initiative 27. Januar“ unterstützte dieses Anliegen im Vorfeld der Gedenkveranstaltung.
Die Gedenkveranstaltung am 5. September 2022 in Fürstenfeldbruck und so auch die mit ihr verbundenen Veranstaltungen im Vorfeld dieses Gedenknachmittages standen ganz im Zeichen der Demut und der Bitte um Vergebung für das „Staatsversagen“ (Steinmeier) Deutschlands rund um den gescheiterten Befreiungsversuch, den problematischen Umgang mit den überlebenden palästinensischen Terroristen in den Monaten danach sowie den Peinlichkeiten bezüglich Aufarbeitung und Entschädigungszahlungen. Viele dürften den 5. September 2022 als ein „spätes Wunder“ wahrgenommen haben – so die pointierte Überschrift eines Kommentars in der Süddeutschen Zeitung am Tag danach. Eine solche Wende galt noch wenige Wochen zuvor als unmöglich.
Der Münchner Teil der „Initiative 27. Januar“ hat sich an diesem Ringen um ein solches Wunder im Vorfeld aktiv und phasenweise intensiv beteiligt. Anfang des Jahres 2022 bildete sich um den 2. Vorsitzenden (Harald Eckert) herum eine Arbeitsgruppe und parallel dazu ein Gebetskreis, den Jürgen Klammt leitete. In regelmäßigen Abständen traf man sich entweder in den CVJM-Räumlichkeiten in München-Mitte oder per Zoom. Schon beim ersten Treffen im März wurde unsere Zielsetzung klar benannt: Unser Einsatz möge dazu dienen, dass „Versöhnung und Heilung“ vom 50. Gedenken an das Attentat ausgehe.
Teilnehmer dieses Teams von etwa zehn Christen aus der Region waren auf unterschiedliche Weise mit dem Anliegen verbunden. Von beruflicher Arbeit im direkten Umfeld der Staatskanzlei über langjährige Kontakte zum bayrischen Polizeipräsidenten bis hin zu gewachsenen Beziehungen zum israelischen Generalkonsulat und zur Israelitischen Kultusgemeinde sondierte man im Vorfeld und beriet sich mit verschiedenen Verantwortlichen. Auch mit dem Büro des israelischen Präsidenten Herzog, der seine Teilnahme am Gedenktag in Aussicht gestellt hatte, entstand im Vorfeld ein Kontakt im Zusammenhang mit diesem Anliegen.
Ende Juli schickten wir ein ermutigender Brief an den Antisemitismusbeauftragten Bayerns, Dr. Ludwig Spaenle, einem der Vorreiter auf politischer Ebene im Ringen um mehr Entschädigungszahlung und eine offizielle Entschuldigung. Begleitet wurden diese und weitere Maßnahmen im Gebet auf verschiedenen Ebenen. Einer der Höhepunkte dafür war ein konfessionsübergreifender Anbetungs- und Gebetsgottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche neben dem Viktualienmarkt, also zentral in München, etwa zur gleichen Zeit.
Aus meiner Sicht war der 5. September 2022 ein punktueller, aber sehr bedeutsamer Moment dessen, was ich gerne „nationale Buße und Umkehr“ nennen möchte. Die höchsten Repräsentanten Münchens, Bayerns und Deutschlands bewegten sich einmütig im Geist der Demut und öffneten gemeinsam eine Tür für Vergebung und für die Stärkung der Beziehung Deutschlands zu Israel. Und dies mit breiter Unterstützung und Anerkennung in der deutschen Öffentlichkeit.
Wir als Initiative 27. Januar haben durch diesen Prozess und durch dieses „späte Wunder“ viel Ermutigung für unsere Arbeit erlebt!
(Artikel von Harald Eckert, 2. Vorsitzender der Initiative 27. Januar)