Berlin, 10.12.2019

Sehr geehrter Herr Bundesminister Heiko Maas,

wir wenden uns an Sie mit dem dringenden Wunsch nach einer Änderung des deutschen Abstimmungsverhaltens bei den Vereinten Nationen bezüglich des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) und Israel.

Der Bedarf dazu liegt auf der Hand. Seit April 2018 ist es Beschlusslage des deutschen Bundestages „Israel und legitime Interessen Israels in internationalen Organisationen vor einseitigen Angriffen zu schützen“; die dazu notwendige Kurskorrektur haben Sie selbst auch bereits in Ihrem Statement vom 11. Mai 2019[1] auf den Punkt beschrieben: „Deutschland steht auch in der UNO an der Seite Israels“. Wir würden Sie hier gerne beim Wort nehmen und Sie höflich, aber nachdrücklich zum Handeln auffordern.

Es gibt dazu konkrete Möglichkeiten und Bedarf – z.B. am 13. Dezember 2019, wenn die finale Abstimmung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Mandatsverlängerung der UNRWA stattfindet: Wir, die Unterzeichner, sind uns einig, dass UNRWA dringend und strukturell reformbedürftig ist. Auch die Union und die SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag von März 2018 eine Reform der UNRWA zum Ziel gesetzt, aber seither nichts in diese Richtung unternommen.

Vier der acht Resolutionen der vergangenen Abstimmungen im vierten Komitee der Vereinten Nationen bezogen sich auf UNRWA, in nur einer werden allenfalls kosmetische Reformen erwähnt, jedoch haben alle vier ein positives deutsches Votum erhalten. Wir fragen: Wo bleiben die so nötigen strukturellen Reformen?

Dabei beziehen wir uns ausdrücklich nicht auf die humanitäre Hilfe, die das Hilfswerk dankenswerter Weise leistet, sondern im Wesentlichen auf den politisierten Flüchtlingsstatus, auf dessen Vererbbarkeit und faktische Unaufhebbarkeit. Bislang gilt: Einmal UNRWA-Flüchtling, immer UNRWA-Flüchtling. Ein Ausweg aus dem Flüchtlingsdasein ist anders als nach Flüchtlingsdefinition des UNHCR unter Artikel 1 C.3 außer durch die Rückkehr der Flüchtlinge ins Kernland Israel, die auf demografischem Wege die Auslöschung Israels als jüdischem Staat nach sich zöge, weder vorgesehen noch möglich. Bis heute befinden sich arabisch-palästinensische Flüchtlinge deshalb auch nach mittlerweile über 70 Jahren in einem seinerzeit von arabischen Staaten politisch gewollten legalen Limbo.

Gleichzeitig – und das ist fatal – wird durch das UNRWA auch sämtlichen Nachkommen der Palästinenser dieser Flüchtlingsstatus zuerkannt oder aufgezwungen, obwohl diese nie selbst geflohen sind. So bläht UNRWA die Flüchtlingspopulation von einst etwa 750.000 Personen nachhaltig wie künstlich auf mittlerweile etwa 5,5 Mio Personen auf! Zum Vergleich: Nach belastbaren Schätzungen leben noch etwa 40.000 Flüchtlinge der ersten Generation als Folge des ersten israelisch-arabischen Krieges.

Dieser lebenslänglich gültige und vererbbare Flüchtlingsstatus bedeutet ein massives Hindernis für Frieden im Nahen Osten. Der Flüchtlingsstatus unterläuft auch ausdrücklich die von der Bundesregierung angestrebte Zweistaatenlösung. Außerdem verhindert der UNRWA-Flüchtlingsstatus die Integration der Menschen in ihr damaliges Fluchtzielgebiet. Die nach dem ersten israelisch-arabischen Krieg von 1948 im Dezember desselben Jahres verabschiedete UN-Resolution 194 sah unter Artikel 11 diese dauerhafte Integration neben einer möglichen Rückkehr vor, die, bewusst konjunktivisch formuliert, nur dann erlaubt sein sollte, falls die Rückkehrwilligen in Frieden mit ihren (jüdisch-israelischen) Nachbarn hätten leben wollen. Auch ein Zeitpunkt wurde ausdrücklich nicht fixiert. Die Nachkommen der Palästinenser, die heute im Gaza-Streifen oder unter der Autonomie der PA leben, sind de facto keine Flüchtlinge mehr.

Die Palästinenser verdienen ein bürgerliches, selbstbestimmtes Leben in Würde. Es ist an der Zeit, einen Ausweg aus der UNRWA-Sackgasse für sie zu finden.

Deutschland sollte dazu unter Fortsetzung seiner humanitären Hilfe an hilfsbedürftige Palästinenser dem vermeintlichen und von der palästinensischen politischen Führung propagierten Recht auf Rückkehr der „registrierten Flüchtlinge“ ins israelische Kernland eine klare, öffentliche Absage erteilen. Als Flüchtlinge sollten auf der Grundlage des ursprünglichen UNRWA-Mandats nur solche Personen anerkannt werden, „deren ständiger Wohnsitz zwischen 1. Juni 1946 und 15. Mai 1948 in Palästina lag und die ihren Wohnsitz und ihre Lebensgrundlage durch den Arabisch-Israelischen Krieg von 1948 verloren haben.“ Deren Nachkommen, die dieser Definition nicht entsprechen und die nie selbst geflohen sind, sollten humanitäre Hilfe ausschließlich als „andere hilfsbedürftige Palästinenser“, nicht aber als Flüchtlinge erhalten.

Die UNRWA sollte wie in der ersten Dekade ihrer Existenz erneut mit einem Mandat ausgestattet werden, das die Lösung und nicht die Perpetuierung der Flüchtlingsfrage fordert. Das hohe jährliche Budget der UNRWA sollte dafür eingesetzt werden, den Aufnahmeländern der palästinensischen Flüchtlinge (Libanon, Syrien, Jordanien), die durch ihre Angriffskriege gegen Israel für deren Leid und Misere direkt verantwortlich sind, dabei zu helfen, sie zu mündigen und freien Bürgern zu machen, damit sie mit vollen Rechten am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben dieser Nationen teilhaben können.

[1] https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-70-jahre-israel-vereinte-nationen/2217500

Unterzeichner:

Initiative 27. Januar e.V.
Mideast Freedom Forum Berlin e.V.
WerteInitiative e.V.